Eine Beinlängendifferenz kann unterschiedliche Ursachen haben.
Dazu zählen unter anderem Krankheiten im Kindesalter wie z.B. Rachitis oder Unfälle welche schwerere Knochenbrüche zur folge hatten. Aber auch Fußdeformitäten wie starke Knickfüße können eine funktionelle Beinlängendifferenz zur Folge haben, besonders dann, wenn ein Fuß stärker von einer Deformität betroffen ist als der andere Fuß. Auch muskuläre Ungleichgewichte und starke Verspannungen im Beckenbereich führen manchmal zu einer gefühlten Beinlängendifferenz. Nicht selten tritt eine Beinlängendifferenz nach Operationen, z. B. HüftOPs oder Gelenkversteifungen auf.
Die Folgen einer nicht behandelten Beinlängendifferenz sind vielfältig und reichen von Schmerzen über Fehlhaltungen bis hin zu einem unsicheren Gangbild. Eine Beinlängendifferenz wirkt sich meistens auch ungünstig auf Gelenkstellungen, aus (Fehlhaltung), was dann eine Arthrose zur Folge haben kann.
Wer also das Gefühl hat, dass seine Beine nicht gleich lang sind, sollte die Problematik unbedingt mit seinem Arzt besprechen.
Ich stelle regelmäßig fest , dass es bei Betroffenen oft eine gewisse Unsicherheit über den Umfang ihrer Beinlängendifferenz gibt. Darum werde ich immer wieder von Kunden gebeten, Ihre Beinlängendifferenz auszumessen. Da es sich beim Ausmessen der Beinlängendifferenz um eine Diagnosestellung handelt, sollte ein Arzt das Ausmessen vornehmen. Zum Überprüfen meiner Arbeit am Kunden benutze ich eine Beckenwasserwaage.
Nicht jede Beinlängendifferenz soll auch komplett ausgeglichen werden. So kann es vorkommen, dass der Arzt eine Differenz von 1 cm feststellt und das ausgestellte Rezept aber die Anweisung enthält, 8 mm auszugleichen.
Als Orthopädieschuhmacher versorge ich auf Anweisung des Arztes meist Menschen, die dauerhaft oder vorübergehend eine Beinlängendifferenz haben.
Unter Orthopädieschuhmachern wird bei der Versorgung von Beinlängendifferenzen häufig von einem Verkürzungsausgleich gesprochen. Im Grunde gibt es drei Möglichkeiten, eine Beinlängendifferenz schuhtechnisch auszugleichen.
Möglichkeit eins Einlagenversorgung:
Hier wird meistens ein Verkürzungsausgleich als Keil, Langsohle oder in Kombination mit einer Einlage im Inneren des Schuhs untergebracht. Bei Halbschuhen ist meist eine höhe von max. 1cm möglich bei Schuhmodellen welche über den Knöchel reichen auch etwas mehr.
Vorteil: Die Versorgung ist praktisch unsichtbar.
Nachteil: Es kann beim Gehen zum Herausschlupfen des Fußes aus dem Schuh kommen, da die Ferse des kürzeren Beines durch den Verkürzungsausgleich höher im Schuh liegt.
Möglichkeit zwei Schuherhöhung:
Bei Beinlängendifferenzen von über einem Zentimeter wird der Verkürzungsausgleich meist durch einen Schuhumbau erreicht. Orthopädieschuhmacher sprechen in diesem Zusammenhang von einer Schuhzurichtung.
Die Vorgehensweise ist dann meist wie folgt: Der zu erhöhende Schuh wird durch Aufbringen von geeignetem Material, meist Kunststoff (EVA), erhöht. Wenn möglich, wird die Original-Laufsohle erhalten. Sollte ein Weiterverwenden der Original-Laufsohle nicht möglich sein, wird eine gleichwertige Ersatzsohle aufgeklebt.
Der fertig bearbeitete Schuh könnte dann z. B. so aussehen. Bei einer 2-cm-Schuherhöhung ist der Schuh im Fersenbereich genau um 2 cm erhöht. Zur Schuhspitze hin reduziert sich die Materialstärke langsam. Je nach Schuhmodell kann sich die Materialstärke im Ballenbereich dann ca. um die Hälfte reduziert haben. Das Reduzieren der Materialstärke spart Gewicht und wird häufig auch optisch als ansprechender wahrgenommen. Um ein Umknicken zu vermeiden, sollte das aufgebaute Material ausgestellt werden, so dass der Schuhboden etwas breiter wird.
Für eine Schuherhöhung sind nicht alle Schuhe gleich gut geeignet. Am besten eignen sich feste geschlossene Schuhe mit Schnürung oder Klettverschluss. Je nach dem wie stark die Beinlängendifferenz ist sind offene Schuhe oder Slipper nicht so gut geeignet da die Gefahr besteht umzuknicken oder den Schuh beim laufen zu verlieren.
Vorteil: Viele handelsübliche Schuhmodelle lassen sich gut umarbeiten, so bleiben Betroffene Flexibel.
Nachteil: Optisch sind Umbauten am Schuh sichtbar, mit zunehmender höhe wird die wahrscheinlichkeit von Instabilitäten der Versorgung steigen was zum Beispiel zu stürzen führen kann.
Möglichkeit drei Maßschuhversorgung:
Wann eine Maßschuhversorgung sinnvoll ist hängt von vielen Faktoren ab .
Maßschuhe kommen meistens bei größeren Beinlängendifferenzen zum Einsatz oder bei anderen Beschwerden die zusätzlich auftreten da mit Maßschuhen eine bessere Statik erziehlt werden kann
Vorteil: Bei einer Maßschuhversorgung kann sehr individuell gearbeitet werden.
Nachteil: Maßschuhe müssen vom Orthopädieschuhmacher bei gesetzlich Versicherten mittels Kostenvranschlag bei der Krankenkasse beantragt werden. Die Herstellung ist aufwendig, darum muss bei einer Maßschuhversorgung eine lange Wartezeit eingeplant werden.
Fazit:
Beim Thema Beinlängendifferenzen gibt es recht häufig eine gewisse Unsicherheit bei den Betroffenen, gerade in Bezug auf die „richtige Höhe“. Beinlängendifferenzen können ganz unterschiedlich versorgt werden. Kleinere Beinlängendifferenzen werden meist im Schuh mittels Keil ausgeglichen. Ist die Beinlängendifferenz größer, wird meist der Schuh aufgebaut. Bei sehr großen Differenzen kann die Anfertigung eines Maßschuhs sinnvoll sein.